Die Verweigerung des Prinzips des Daseins
Seminare, Band 25

Nach protokollarischen Aufzeichnungen der folgenden Seminare:

Friedrichstadt, 31. Oktober bis 3. November 2002
Herrsching, 7./.8. September 2002
Innsbruck, 1./2. Dezember 2002

Es ist so, daß Sie eine bestimmte Haltung des Sie beherrschenden Clans einnehmen, - das sind Sprach- und Wortgebräuche, die das Kollektiv zusammenhalten. Das sind Schlagworte, die spaßig gebraucht werden, die einfach en vogue sind und die die Gemeinschaft zusammenhalten. Das würde nicht möglich sein, würde dieses Schlagwort nur Schlagwort sein. Das ist nur dadurch möglich, daß über die logistische Aussage X immer ein Zwang mittransportiert wird. Ahnen Sie, wo ich hinwill? – Bitte?

K: Stallgeruch.

A: Der Stallgeruch. Der Stallgeruch überträgt den Zwang. Es ist nicht so, daß der Zwang den Stallgeruch hervorbringt, sondern umgekehrt. Dafür gibt’s den Schlagwortsatz. Wir haben schon öfters gesagt, daß heute alle Reporter sagen: „Ich war vor Ort.“ Wir haben es schon gesagt: Die haben keine Gegenwart, deswegen kommen Sie an den Ort nicht hin, da haben sie keine Chance. Sie sind immer vor Ort.

Die Aussage dieses Schlagwortes ist weiter nicht schlimm, meint man. In Wirklichkeit ist es so, daß durch die Übereinkunft eines Kollektivs, einen Wortgebrauch festzusetzen, dieser Sprachgebrauch zum Zwang führt. Es ist die Information oder das Engramm eines Zwangs.

Das heißt, Sie sind in der Haltung des Kollektivs, welcher Ausprägung das Kollektiv auch immer sei, allein durch die Zitierung der diesbezüglichen Schlagworte. Das gilt überall dort, wo über harmlose Aussagen aufgrund von Tonart und Sprachgebrauch der Zwang zum Kollektiv übertragen wird. Das gilt für Klassen, Cliquen, Betriebsversammlungen und was man noch so alles für harmlos hält.

Diese Art von Schlagworten ist ein Mißbrauch der Sprache dahingehend, daß jedes Schlagwort aussagt, daß wir es nicht näher zu erklären brauchen, und wir stimmen ihm von vornherein zu. Es gibt kein Schlagwort, das dieses nicht ausdrückt.

Das heißt, ein Schlagwort ist nichts anderes, als daß die Gestalt der Welt oder die Gestalt des Angesprochenen, die sich auf dem Laut niederläßt, um anwesend und damit Gegenwart zu sein, zerstört wird zugunsten einer gemeinsamen Information. Insofern handelt es sich bei einem Schlagwort immer um eine Verdrängung der Gegenwart von Angesprochenem. Der Laut wird dazu benutzt, - nicht nur, um zu singen, was schon schrecklich genug ist, sondern um eine Übereinkunft unter sich herzustellen. Beim Schlagwort geht es nicht darum, etwas auszusprechen, sondern darum, die Gemeinsamkeit in dem Schlagwort als Information festzulegen, damit unwidersprechbar zu machen und im Kollektiv gleichzuschalten. Es dient als Information einer Zwangsübertragung.

K: Ein Schlagwort braucht nicht mehr erklärt werden, weil die Übereinstimmung vorausgesetzt ist.

A: Richtig, - die ist im Schlagwort. Nicht die Übereinstimmung, sondern die Information zur Übereinstimmung ist schon vorhanden. Dieses Schlagwort sagt aus: Es besteht der Zwang zur Übereinkunft, insofern man nur dazugehört, wenn man das Schlagwort benutzt oder versteht. Es ist ein Kollektiv, und es gehört zu den Eigenarten dieses Kollektivs, bestimmte Schlagworte zu haben. Sie kommen mit diesem Kollektiv in Berührung und sind beflissen genug, sich dem anzupassen, und Sie benutzen deren Schlagworte. – Haben Sie mich jetzt begriffen?

Seminar Friedrichstadt, 2. November 2002
Samstag-Vormittag

Preis: 30,00 €
zzgl. Porto und Verpackung

ISBN: 978-3-927094-53-6